Seit wir vor etwa zwei Wochen nach Norwegen zur MV SAN GOTTARDO gefahren sind, haben wir ununterbrochen gearbeitet. Es ist für aussen stehende nicht verständlich, warum wir noch so viele Arbeiten am Schiff ausführen müssen, wo wir doch schon im vergangenen Jahr erfolgreich mit unserem Schiff durch die Arktis gefahren sind. In einer losen Reihe möchte ich Euch von unseren Arbeiten, und was wir dabei so erleben, erzählen. Im ersten Beitrag erkläre ich Euch, welche Möglichkeiten bestehen, um überhaupt im Internet zu surfen und den exorbitant hohen Kosten, die dabei entstehen. Liebesgrüsse aus der Arktis haben im wahrsten Sinn einen anderen Wert, als wenn sie von Zuhause aus geschickt werden.

Um bei den Liebesgrüssen zu bleiben; ich glaube nicht, dass sich heute noch jemand ernsthaft Gedanken darüber macht, wieviele Daten er gerade mit seinem Mobile oder von Zuhause mit dem Computer aus dem Netz zieht oder versendet, wenn die grosse Liebe auf Nachricht wartet. Auch die Datengeschwindigkeit ist kein Thema. Wenn doch, dann wird auf sehr hohem Niveau gejammert. Auf der MV SAN GOTTARDO haben wir drei Möglichkeiten, Daten zu empfangen und zu versenden. Würden die Anbieter in der Schweiz ihren Service auch nur für Stunden auf diese Geschwindigkeit oder Datenmengen reduzieren, gäbe es einen Shitstorm, wie es die Schweiz noch nie erlebt hat. Würden sie dann diesen Service auch noch mit den selben Ansätzen verrechnen, wie es in der Arktis üblich ist, dann wäre ein Volksaufstand nicht mehr weit. Oder könnten sie sich ernsthaft vorstellen, für nur 1GB Datentransfer bis zu 14’000.00 € zu bezahlen? Je nach Anbieter und System, das zum Einsatz kommt, ist das arktische Realität. Doch der Reihe nach:

Kurzwelle:

Die billigste Möglichkeit, Daten zu versenden bzw. zu Empfangen, ist über Kurzwellenfunk. Auf Grund ihrer grossen Reichweite können Kurzwellensignale weltweit empfangen werden. Kein anderer Frequenzbereich weist eine solch große Reichweite auf. Kurzwelle wird seit vielen Jahren vor allem von Amateurfunkern benutzt. In der kommerziellen Seefahrt ist dieses Funksystem längst von der Satellitentelefonie abgelöst worden.

Die Non-Profit-Organisation SailMail Association verwendet dieses Funksystem, um für Schiffe auf der ganzen Welt Mail- und Wetterdaten zur Verfügung zu stellen. Die Kosten für die Mitglieder sind gering. Mit einer Jahresgebühr von 275.00 US-Dollar ist man dabei. Das System hat einen gravierenden Haken; die Geschwindigkeit und Datenmenge: Die Grösse einer Datei sollte nicht über 30 KB (30’000 Byte) liegen. Ein auf die Bildschirmgrösse reduziertes Foto hat etwa 2 MB (2 Millionen Byte). Die Übermittlung von Bilddateien ist also nicht möglich. Die Nutzungsdauer pro Woche wurde auf 90 Minuten limitiert. Wir haben dieses System als Backup, wenn alle anderen, satellitenbasierten Systeme ausfallen sollten und auf dem Schiff ein ernster Notfall eingetreten ist.

Iridium Extrem:

Das Satellitentelefon Iridium Extrem erinnert an Funktelefone der Anfänge. Ein relativ grosses Telefon mit einer grossen, dicken Antenne ermöglichen einen relativ guten Empfang für Gespräche. Mit einem kleinen Modem können auch Text- und Bilddaten gesendet werden. Das Versenden von einem stark reduzierten, einzelnen Bild kann schon einmal 2-3 Stunden dauern. Der Vorteil von diesem System liegt in der Mobilität. Wir können es bei jedem Landgang mitnehmen und im Notfall auch von Land aus Rettung organisieren. Bei diesem System wird per Minute abgerechnet. Je nach Gebührenmodell muss pro Minute etwa 1.50€ bezahlt werden. Für Gespräche ist das nicht sonderlich viel. Bei den meisten Telecom-Anbietern sind die Roaming-Tarife im Ausland deutlich teurer. Wirklich ins Geld geht es, wenn mit dem Iridium Extrem Daten übermittelt werden müssen.

Iridium Pilot:

Unser wichtigstes System für die Versendung von Text- und Bilddateien. Wir haben die Anlage kurz vor unserer Abreise in Paris abgeholt und mit nach Norwegen gebracht. Im Vergleich zu den anderen Systemen ist das eine Highspeed-Lösung. 134 kbit/s können empfangen oder versendet werden. Aber ehrlich; würde man das mit eurem Internet in der Schweiz vergleichen, wäre das etwa das selbe, wie wenn eine Schnecke einem Hasen nachrennen wollte. Eine gute Internetverbindung bringt in der Schweiz zwischen 100-1000 Mbit/s. Eine durchschnittliche Internetverbindung mit 100 Mbps ist über 700 mal schneller. Dafür ist der Gebührenzähler in der Arktis viel schneller als jeder Haase; pro MB muss je nach Anbieter bis zu 14.00€ bezahlt werden. Auch für jene, die in der Schule Mathematik meistens geschwänzt haben, das sind 14’000.00€ pro GB.

Der Einbau vom neuen Iridium-Pilot mussten wir selber vornehmen. Glücklicherweise hatte es auf dem Antennenmast einen freien Platz. Dieser ist nicht optimal, weil darüber noch unser Hauptradar montiert ist. Da die Datenübermittlung nur im Stand erfolgt, hoffen wir, dass trotzdem alles funktioniert. Im Herbst soll dann ein besserer Platz gefunden werden.

Besonders mühsam war es, das lange Hauptkabel von der Steuereinheit bis zur Mastspitze einzuziehen. Uns fehlten die richtigen Hilfsmittel und wir mussten ständig improvisieren. So ist der ganze Mast eigentlich hohl. Der Mast besteht jedoch aus zwei Teilen. Der oberste Meter ist mit dem riesigen Mastkörper darunter fest verschraubt. Zwischen diesen beiden Elementen ist nur ein daumendickes Loch für das Kabel vom Hauptradar. Um das Kabel der Satellitenantenne durch das Loch zu ziehen, musste deswegen die ganze Mastspitze mit dem Hauptradar demontiert werden.

Die ganzen Kabel der vielen Antennen vom Mast gehen durch einen Kabelkanal im doppelten Boden zu der grossen Instrumentenkonsole im Steuerhaus. Es gab nicht die kleinste Lücke, um ein zusätzliches Kabel durch den Kabelkanal zuziehen. Deshalb fand die Steuereinheit ihren vorläufigen Platz im Hohlraum der Sitzlehne im Steuerhaus. Ab 1. Juni wird das System aufgeschaltet und ich hoffe, ich kann dann ein erstes Mail via Satellite versenden. Wer die ersten Liebesgrüsse via Satellite von der MV SAN GOTTARDO erhalten wird, bleibt geheim, wie das Rezept des Appenzeller Käse.

Dr. Konrad Steffen (†68)

Scientific Advisory Board

Konrad Steffen ist in der Arktis tödlich verunglückt. Er war nicht nur unser wissenschaftlicher Berater, unser Mentor und Vorbild. Er war vor allem unser Freund. Wir sind erschüttert und fassungslos. Wir möchten seiner Familie und seinen Freunden unser tiefes Mitgefühl ausdrücken und wünschen Ihnen viel Kraft.

Konrad Steffen è morto in un incidente nell’Artico. Non era solo il nostro consulente scientifico, il nostro mentore e modello. Era soprattutto un nostro amico. Siamo scossi e sconvolti. Desideriamo esprimere le nostre più sentite condoglianze alla sua famiglia e ai suoi amici e augurare loro tanta forza.

Konrad Steffen est décédé dans un accident dans l’Arctique. Il n’était pas seulement notre conseiller scientifique, notre mentor et notre exemple. Il était avant tout notre ami. Nous sommes attristés et bouleversés. Nous tenons à exprimer notre profonde sympathie à sa famille et à ses amis et leur souhaitons beaucoup de force.

Konrad Steffen has died in the Arctic. He was not only our scientific advisor, our mentor and role model. He was above all our friend. We are shocked and aghast. We would like to express our deepest sympathy to his family and friends and wish them much strength.

Team „Swiss Arctic Project“

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